Natur & Umwelt

Steinreich und artenarm: Problemzone Schottergarten

Pflegeleicht und schwer beeindruckend: Argumente wie diese bewegen immer mehr Hausbesitzer dazu, ihre Vorgärten mit Kies und Schotter zuzuschütten. Doch ist der Garten on the rocks wirklich das Nonplusultra der Gartengestaltung? Wir haben Schottergärten einem Realitäts-Check unterzogen!

Pflegeleicht? Von wegen!

Wo keine Pflanzen und keine Erde, da auch kein Heckenschneiden und kein Unkrautjäten – so die gängige Annahme. Tatsächlich steckt in einem gepflegten Schottergarten mehr Arbeit als gemeinhin vermutet: Algen und Moose überwuchern bald die Steine und verlangen nach langwierigen Abflamm- oder Schrubbarbeiten.

Anders als klassische Stein- oder Präriegärten, in denen Pflanzenbewuchs prinzipiell gewünscht ist, erfordert der einheitlich graue Look von Schotter- und Kiesgärten zusätzliche Reinigungsarbeit: Laub und herangewehter Unrat kann wegen der unebenen Oberfläche nicht einfach mit dem Rechen abgezogen werden, sondern muss mühselig aus den Steinritzen geklaubt werden.

Grau statt grün: Klimakiller Schottergarten

Deutschlands Vorgärten verstummen: Wo einst Käfer brummten und Bienen summten, hört man im Kiesgarten höchstens das Geraschel einer Eidechse. Zwar bieten Steine Tieren wie Asseln und kleinen Reptilien Schutz und Wärme; eine kleine Steinmauer in einem klassischen Pflanzengarten erfüllt jedoch denselben Zweck in tierfreundlicherer Umgebung.  

Wo keine Pflanzen wachsen und keine Insekten fliegen, findet auch keine Bestäubung statt: Verliererin ist – mal wieder – die biologische Vielfalt. Da in der Landwirtschaft die Monokultur vorherrscht, bieten gerade Klein- und Vorgärten eine einmalige Gelegenheit, alte Gemüse- und Zierpflanzensorten anzubauen. Sie mit Schotter aufzufüllen, wirkt sich zudem negativ auf die Klimabilanz aus, da Steine weniger CO2 binden als Pflanzen und Erde. So ist fast jeder Schottergarten eine vertane Chance, die Biodiversität zu erhalten und positiv aufs Klima einzuwirken.

Und was hat der Schottergarten dem Fest für die Sinne entgegenzusetzen, den ein bewachsener und belebter Garten bietet – dem zwitschernden Natursoundtrack, dem Farbspektakel von Kürbisgelb bis Gimpelrot und dem Duft frisch blühender Rosen? Nur die graue, geruchlose Monotonie der stillen Steine.

Nah am Wasser gebaut

Viele Kiesgärten werden auf Kunststoffplanen gebaut, um ein unkontrolliertes Unkrautwachstum zu vermeiden. Die oft wasserdichten Folien verhindern allerdings auch ein Abfließen von Regenwasser und behindern somit den Wasserkreislauf. Sickern doch Niederschläge durch die Steine zum Grundwasser durch, so sind diese oft ungefiltert, da die reinigende Funktion der Erdschicht fehlt.

In den meisten Kommunen gelten befestigte Schotter- und Kiesflächen als teilversiegelt. Kann von ihnen Wasser in die Kanalisation abfließen, kostet das zusätzliche Abwassergebühren – was bei den Instandhaltungskosten eines Schottergartens oft übersehen wird.

Einige Kommunen reagieren bereits auf den Schotterwahn und fördern die Umwandlung von Stein- in Naturgärten mit finanziellen Anreizen oder Wettbewerben. Anderswo wird gar das Verbot von Steingärten diskutiert, ist doch die Bepflanzung oder Begrünung in vielen kommunalen Bauverordnungen fest vorgeschrieben.

Besonders grauenhafte Gärten in Grau sammelt übrigens der Instagram-Kanal Gärten des Grauens. Unser Tipp: Reinschauen und losgruseln!

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