Natur & Umwelt

Insekten: Weltherrscher auf sechs Beinen

Ihre Weltbevölkerung beträgt schätzungsweise 10 Quintillionen (10.000.000.000.000.000.000) und schwankt im Jahres- ja sogar im Tagesverlauf in unvorstellbaren Größenordnungen. Viele von ihnen können sogar fliegen, und alle zusammen sind für unseren Planeten eine unverzichtbare Bereicherung: Die Rede ist von den Insekten.
Warum sie auch und gerade für den Gemüsebau von unschätzbarem Wert sind, durch welche Faktoren sie bedroht werden und wie wir uns für sie einsetzen können, wollen wir im Folgenden mit dir erörtern.

Sechsbeiner der Superlative

Was sind eigentlich Insekten? Der lateinische Name insectum (eingeschnitten) verrät schon das offensichtlichste Kriterium: die deutlich erkennbare Gliederung des Körpers in die Abschnitte Kopf (Caput), Brust (Thorax) und Hinterleib (Abdomen). Das Außenskelett dieser Tiere, jedes Körperteil besteht aus einer Art Ritterrüstung, einer genau festgelegten Anzahl von feinen Membranen zusammengehaltener Segmente. Gegliedert sind auch die Beine, weswegen sie im Tierreich zu den Gliederfüßern (Arthropoda) gestellt werden. Ein weiteres Merkmal der Insekten (auch Kerbtiere genannt) sind ihre sechs Beine, weswegen die achtbeinigen Spinnentiere bekanntlich ein weiteres Paar Schuhe benötigen und daher eine eigene Klasse bilden.  

Ihre biologische Vielfalt innerhalb der Klasse macht Insekten zu den Rekordhaltern im Tierreich: Bisher kennt die Insektenkunde (Entomologie) rund eine Million Arten – das ist über die Hälfte (!) aller bekannten Tierarten – und geht davon aus, dass viele Arten noch unentdeckt sind.

Bei solcher Diversität verwundert kaum, dass die Tiere in den unterschiedlichsten Farben und Formen in Erscheinung treten, die wir auch vor unserer Haustür beobachten können: von der schillernden Prachtlibelle am Gartenteich bis zum mehr oder minder gern gesehenen, gelb-schwarz gestreiften Kartoffelkäfer.  

links: Gebänderte Prachtlibelle (Calopteryx splendens / © Sven Damerow), rechts: Kartoffelkäfer (Leptinotarsa decemlineata)

Wie mannigfaltig sind die Körpermaße der Tiere sind, erstaunt besonders im weltweiten Vergleich: So bringt der in Afrika vorkommende Goliathkäfer (Gattung Goliathus) bis zu 110 Gramm auf die Waage. Die in den Tropen und Subtropen heimischen Gespenst- bzw. Stabschrecken der Art Phobaeticus chani können bis zu 570 mm lang werden. Unglaubliche 4.000-mal kleiner ist die in den USA beheimatete Zwergwespe Dicopomorpha echmepterygis, deren Männchen mit 0,14 mm die kleinsten bekannten Insekten darstellen.

links: Goliathkäfer (Goliathus regius / © Sarefo), rechts: Zwergwespe (Mymar)
Stabschrecke (hier abgebildet: Phobaeticus chani / © WildManOfBorneo)

So leicht und winzig die einzelnen Exemplare auch sein mögen, in ihrer Gesamtheit beeindrucken die Insekten schwer: Nimmt man alle Insekten zusammen, übertrifft ihre Biomasse das Gesamtgewicht der Menschheit um das 70-fache! Unser Planet ist gewiss heilfroh, dass es sich nicht umgekehrt verhält.  

Fressen und gefressen werden: Insekten im Nahrungsnetz

Ihrer Gefräßigkeit wegen sind viele Insekten seit Menschengedenken gefürchtet – von den biblischen Heuschreckenplagen über allerlei Vorratsschädlinge bis hin zu den berüchtigten Kartoffelkäfern, die sogar zu Propagandazwecken missbraucht wurden.

DDR-Propagandaplakat von 1950, das den USA den mutwilligen Massen-Abwurf von Kartoffelkäfern unterstellt

Dabei treten die Tiere nicht nur als Schädlinge in Erscheinung. So vielfältig ihr Artenreichtum, so unterschiedlich sind auch ihre Ernährungsweisen: Es gibt Räuber und Pflanzenfresser unter ihnen, Parasiten und Sklavenhalter. Als krabbelnde und fliegende “Müllabfuhr” der Natur fressen die Sechsbeiner auch tote Biomasse en masse – sowohl pflanzliche als auch Aas. Auf der Suche nach Nahrung durchwühlen Insektenlarven die Erde, verbessern so die Bodenqualität und tragen aktiv zum Nährstoffkreislauf im Boden bei.  

Doch nicht nur in ihrer Konsumentenfunktion sind Insekten unverzichtlich: Als fett- und proteinreiche Energiequellen sind Insekten selbst Nahrungsgrundlage vieler Tiere. So dominieren sie etwa den Speiseplan vieler Vögel, die weltweit bis zu einer halben Milliarde Tonnen Insekten jährlich vertilgen. Bei manchen Naturvölkern, aber auch in Industriestaaten wie Japan und Korea stehen Insekten regelmäßig auf dem Speiseplan. In der europäischen Gastronomie gibt es dagegen erst zaghafte Versuche, diese Ressourcen für die menschliche Ernährung zu erschließen.  

Von Blumen und Bienen

Brummt, summt, kreucht und fleucht es auch an deinem Beet oder Balkon?
Dann schätze dich glücklich! Denn ohne Insekten würden viele unserer Pflanzen zeitlebens Jungfer bzw. Hagestolz bleiben: Bienen, Schmetterlinge, Fliegen, Wespen und Käfer übertragen die Pollen mit den männlichen Keimzellen (Gameten) zur weiblichen Samenanlage (Ovulum) einer artverwandten Pflanze.
Bis zu 90% aller Blütenpflanzen weltweit sind auf diese Form der Bestäubung angewiesen, davon bis zu drei Viertel unserer Nutzpflanzen. Damit tragen Insekten entscheidend zur Sicherung unserer Nahrungsgrundlage und zu unserem Überleben als Menschheit bei. Bei uns im Beet sind es beispielsweise Basilikum, Radieschen und Shiso, die gern von Insekten besucht werden, von den zweijährigen Arten die Endivie und der Palmkohl.

Doch nicht nur in ihrer Konsumentenfunktion sind Insekten unverzichtlich: Als fett- und proteinreiche Energiequellen sind Insekten selbst Nahrungsgrundlage vieler Tiere. So dominieren sie etwa den Speiseplan vieler Vögel, die weltweit bis zu einer halben Milliarde Tonnen Insekten jährlich vertilgen. Bei manchen Naturvölkern, aber auch in Industriestaaten wie Japan und Korea stehen Insekten regelmäßig auf dem Speiseplan. In der europäischen Gastronomie gibt es dagegen erst zaghafte Versuche, diese Ressourcen für die menschliche Ernährung zu erschließen.  

Wenn Fliegen (nicht mehr) hinter Fliegen fliegen: Rückgang der Bestände

Am Beispiel des Bienensterbens zeigt sich schon heute, wie akut manche Insektenarten gefährdet und welche Auswirkungen zu befürchten sind. Krefelder Forscher haben in einem Naturschutzgebiet einen Rückgang von fast 75% des gesamten Insektenbestands in nur 25 Jahren festgestellt.

Doch wie lässt sich diese drastische Dezimierung der Insektenpopulation erklären?
Ein Hauptfaktor ist die intensive Landwirtschaft, bei der großflächig Insektizide (besonders Neonicotinoide) und andere Pestizide eingesetzt werden. Hinzu kommt der menschliche Eingriff in die natürlichen Lebensräume der Tiere. Breite Versiegelungen von Flächen (z. B. durch Asphaltierung), der Anbau von Monokulturen oder aus rein ästhetischen Gründen viel zu häufig gemähte Wiesen entziehen den Insekten ihre natürlichen Lebensgrundlagen.  

Was wir Zweibeiner für die Sechsbeiner tun können

Du möchtest unsere kleinen Freunde und Helfer am Beet unterstützen?

Dann haben wir hier einige alltagstaugliche Tipps für dich zusammengestellt:

Zahlreiche weitere Tipps, wie du deinen Garten bienenfreundlicher gestalten kannst, findest du hier.

Exkurs: Von Zombie-Insekten und cleveren Pilzen

Während menschliche Zombies das fiktive Reich der Horrorfilme noch nicht verlassen haben, sind “fremdgesteuerte” Insekten bereits Realität: Einige parasitische Pilze wie beispielsweise Ophiocordyceps unilateralis befallen zum Beispiel Ameisen, dringen ins Gehirn vor und beeinflussen so deren Verhalten. Die infizierten Insekten klettern dann auf Bäume und beißen sich kopfüber an einer Blattunterseite fest, bis der keulenförmige Fruchtkörper des Pilzes aus dem Ameisenkopf herauswächst und sich die Sporen von dort im Wind verteilen können.
Ein schauriges Naturspektakel!

Mit Ophiocordyceps unilateralis infizierte Ameise (© David P. Hughes, Maj-Britt Pontoppidan)

Ein anderes, vielleicht bekannteres Beispiel ist der Fliegentöter oder Fliegenschimmel (Entomophthora muscae), der alljährlich im Herbst vielerlei Fliegen zwingt, an die höchste, windexponierte Stelle zu krabbeln, z.B. an die Spitze eines Grashalms. Dort sterben sie kopfüber. Kurz darauf platzt ihr Hinterleib auf und gibt massenweise Pilzsporen frei. An Fensterscheiben bemerkt man dann gelegentlich den Hof aus Pilzsporen um die verendete Fliege, die gern und sicher nicht in selbstmörderischer Absicht von noch nicht befallenen Fliegen aufgenommen werden.

links: von Entomophthora muscae befallene Fliege, man beachte den stark vergrößerten Hinterleib (© Ilona / Mushroom Observer), rechts: Stubenfliege mit aufgeplatztem Hinterleib und umgebendem Hof aus Pilzsporen auf einer Fensterscheibe (© NobbiP)
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